Wetter-Desaster belastet die Getreideernte 2023

Die Wetter-Saison 2023 kann aus Sicht der Landwirtschaft und insbesondere des Getreideanbaus vielerorts nur als abwechslungsreiches Desaster bezeichnet werden. Nach einem zu warmem Winter verspätete sich der Start ins Frühjahr durch den nassesten März seit 20 Jahren und den nassesten April seit 15 Jahren. Die Winterkulturen wurden dadurch mehr als ausreichend mit Wasser versorgt, woraufhin sich viele Betriebe Hoffnungen auf eine gute Getreideernte machten. Allerdings verzögerte das nasse Wetter die Aussaat der Sommerkulturen sowie von Zuckerrüben und Mais stellenweise um mehrere Wochen bis in den Mai hinein. 

Späte Wetterberuhigung schlägt in Trockenheit um

In den folgenden Wochen bremsten dann zwei massive Wetterwechsel die Hoffnungen auf eine gute Ernte. Erst schlug das Wetter Mitte Mai nach der zu langen und zu kühlen Regenphase komplett ins Gegenteil um. Es folgte eine fünfwöchige Trockenheit, wobei Mitte Juni eine Hitzeperiode mit Temperaturen über 30 Grad die Lage noch drastisch verschärfte. Dann der erneute Umschwung in der zweiten Junihälfte. Seitdem sorgen wiederkehrende und oft starke Regenfälle für ständige Ernteunterbrechungen.

Wechselhaftes Wetter bremst die Getreideernte immer wieder

Dadurch wird die aktuelle Situation der Getreideernte für viele Landwirte zu einem belastenden Geduldsspiel. Längst abgereifte Getreidepartien warten in manchen Regionen schon seit mehr als zwei Wochen auf den Mähdrusch, Durchwuchs und Qualitätsprobleme drohen. Damit gefährdet das unbeständige Erntewetter oft gerade die Getreidebestände, die sich nach der extremen Trockenheit noch einigermaßen gut präsentierten. 

Können die Ernteprognosen gehalten werden?

Mit jedem weiteren Regentag stellt sich die Frage, ob die kürzlich vom Deutschen Bauernverband (DBV) und dem Deutschen Raiffeisenverband (DRV) in ihren Ernteschätzungen erhofften 41 bis 42 Mio. Tonnen Getreide auf den deutschen Feldern tatsächlich noch eingefahren werden können. Während die besseren Böden die überreichliche Wasserversorgung bis Mitte Mai für die folgende Trockenphase gut nutzen konnten, drohen auf den leichteren Böden zum Teil dramatische Einbußen. Hinzu kommt, dass viele Partien zwischen den Schauern oft mit noch zu hoher Kornfeuchte vom Feld geholt werden müssen.

Trocknungskosten durch Kontrolle der Kornfeuchte im Griff behalten 

Tipp: Die Messung der Kornfeuchte ist in diesem Jahr besonders wichtig, um die Erntereife zu prüfen und unnötig hohe Trocknungskosten möglichst zu vermeiden. Praxisgerechte Getreidefeuchtemessgeräte finden Sie hier im Onlineshop zum günstigen Preis:

Noternte: Ganzpflanzensilage bringt wenigstens zusätzliches Futter

Einig sind sich die Ernte- und Marktbeobachter darin, dass der Regen nach der Hitzeperiode für viele Getreidebestände bereits zu spät kam. Gerade in Sachsen-Anhalt und manchen benachbarten Regionen sowie im östlichen Niedersachsen waren die Hitzeschäden an den Getreidepflanzen so stark, dass die Noternte unausweichlich wurde. Die geschädigten Bestände wurden meist als Ganzpflanzensilage geerntet. Sie dienen jetzt als zusätzliche Futterreserve für Rindviehbetriebe oder als Rohstoff für die Biogasanlage. Vor allem die Betriebe, die im vergangenen Jahr bedingt durch die Trockenheit nicht ausreichend Futter ernten konnten, nutzten diese Chance einer zusätzlichen Futterquelle.

Gute Perspektiven für Mais, Zuckerrüben und Kartoffeln

Sehr positiv sind die seit Ende Juni reichlich gefallenen Regenmengen dagegen für Mais, Zuckerrüben und Kartoffeln. Bei diesen Kulturen wachsen die Hoffnungen auf eine gute Ernte. Das gilt natürlich nur, sofern die Bestände gesund erhalten werden können und nicht erneute Schadensereignisse wie Sturm, Starkregen und Hagel die Bestände schädigen. Hiervon hat es in diesem Sommer vor allem in der Mitte Deutschlands mehrere „Wellen“ mit zum Teil sehr großem Schadensausmaß gegeben.

Tipp: Besonders bei Kartoffelbeständen sollten die Pflanzen jetzt regelmäßig auf Krautfäule kontrolliert werden. Entscheidend ist, die Bestände möglichst lange gesund zu erhalten. Hier finden Sie geeignete Fungizide, um den Krautfäuleschutz zu gewährleisten:

Hagelversicherung schätzt Schadensvolumen auf mehr als 110 Mio. Euro

Allein die Vereinigte Hagelversicherung bilanzierte beim letzten großen Schadensereignis in der zweiten Juli-Woche Schäden durch Sturm und Hagel in Höhe von mindestens 60 Mio. Euro. Zuvor hatte das Tief „Lambert“ bereits Ende Juni vor allem in Hessen und Südniedersachsen zu schweren Schäden mit einem geschätzten Volumen von mindestens 40 Mio. Euro geführt. Berichtet wurde dabei von Schäden, wie man sie in den letzten Jahrzehnten nicht gesehen haben. 

Große Flächen und sogar ganze Betriebe von Hagelschäden betroffen

„Dass 30 oder 40 ha eines Betriebes betroffen sind, das kommt schon mal vor. Aber es gibt hier Betriebe, bei denen alle Flächen mit mehr als 200 ha zerstört worden sind“, stellte laut der Versicherung ein Landwirt aus dem Waldecker Land in Hessen fest. Zuvor hatte es vor allem im Süden Anfang Mai und zu Fronleichnam bereits zwei Schadensereignisse mit einem Gesamtschaden von mehr als zehn Mio. Euro gegeben. Damit liegt die Schadensbilanz für die Vereinigte Hagelversicherung bereits bei mehr als 110 Mio. Euro.

Gutes Stoppelmanagement auf Schadflächen und bei zu später Ernte wichtig

Dem Stoppelmanagement kommt in einem derart schwierigen Erntejahr eine besonders hohe Bedeutung zu. Gerade auf den Flächen mit Ernteproblemen und einer dadurch bedingten zu späten Ernte sowie auf den Schadflächen nach Starkregen, Sturm und Hagel ist mit einem hohen Druck durch Ausfallgetreide zu rechnen. Hier gilt es, zügig für eine erste Bodenbearbeitung zu sorgen, damit die Zeit für eine erneute Bearbeitung des auflaufenden Ausfallgetreides bleibt.

Tipp: Stellen Sie sicher, dass Grubber und andere Bodenbearbeitungsgeräte mit griffigen Scharen ausgestattet sind, damit die Stoppelbearbeitung auch wirkungsvoll erfolgen kann. Ersatz- und Verschleißteile für Grubber und andere Bodenbearbeitungsgeräte finden Sie hier:

Europäischer Getreidemarkt: Drastische Ernteausfälle erwartet

Europaweit ist die Lage auf den Getreideäckern bedingt durch die Dürre allerdings oft noch viel dramatischer als in Deutschland. Die europäischen Bauern- und Genossenschaftsverbände befürchten laut ihrer neuesten Schätzung am 19. Juli einen Einbruch der EU-Getreideernte um zehn Prozent gegenüber dem Schnitt der vergangenen fünf Jahre. Zu beachten ist dabei, dass die abgelaufene Fünfjahres-Periode ja vier Mal von Trockenheit bis hin zur Dürre geprägt war. Konkret ausgedrückt: Das EU-Ergebnis könnte auf 256 Mio. Tonnen sinken und das wäre die schlechteste Getreideernte seit 16 Jahren. Besonders dramatisch ist die Lage in Südeuropa: Für Spanien, Portugal und Italien wird ein Produktionseinbruch beim Getreide um bis zu 60 Prozent erwartet, in Polen um 30 Prozent und in Rumänien um 20 Prozent. Zudem werden ernste Qualitätsprobleme erwartet.

Markt- und Preisentwicklung in diesem Erntejahr schwierig einzuschätzen

Inwieweit der drastische Ernteeinbruch in West- und Südeuropa in Kombination mit der von Russland verweigerten Verlängerung des Getreideabkommens die Getreidepreise wieder nachhaltig steigen lässt, kann heute noch nicht gesagt werden. Marktkenner halten dies bei einer unveränderten Situation für möglich. Aber es bleibt abzuwarten, ob vielleicht nicht doch noch alternative Verschiffungswege für das ukrainische Getreide gefunden werden. Dann sähe es für die Versorgung des Weltmarktes insgesamt wohl gar nicht so schlecht aus. Ohne neue Optionen für die Getreidelogistik dürfte sich die Versorgungslage jedoch kritisch entwickeln.

Tipp zum Strohverkauf: Kalkulieren Sie den Strohpreis genau

Wenn schon die eigentliche Getreideernte nicht optimal läuft, sollten zumindest gute Strohpartien nicht unnötig günstig abgegeben werden. Kalkulieren Sie den Strohpreis in diesem Jahr sehr genau, wenn sie es an viehhaltende Betriebe abgeben möchten. Diese Empfehlung kommt von der Landwirtschaftskammer Niedersachsen. Deren Fachberater haben für die Kalkulation eigens einen Strohpreis-Rechner in Form einer Excel-Tabelle erarbeitet. Weitere Informationen und den Link zur Anwendung finden Sie hier.

Weitere Erntetechnik-Teile:

Das Wichtigste in Kürze:

✅ Warum ist das Stoppelmanagement in diesem Jahr besonders wichtig?

Auf den Flächen mit einer zu späten Ernte sowie auf den Schadflächen nach Starkregen, Sturm und Hagel kommt es erfahrungsgemäß durch abgebrochene Ähren und Ausfall der reifen Körner zu einem hohen Druck durch Ausfallgetreide. Dieses muss sollte eine erste Bodenbearbeitung zügig zum Auflaufen gebracht werden, damit vor der Einsaat einer Zwischenfrucht noch die Zeit für eine zweite Bearbeitung des auflaufenden Ausfallgetreides bleibt.

✅ Warum wächst der Krankheitsdruck gerade in gut stehenden Kartoffelbeständen?

Derzeit gibt es in vielen Regionen in kurzen Zeitabständen immer wieder Regenschauer, ohne dass die dichten Bestände zwischendurch hinreichend abtrocknen können. Deshalb ist die Kontrolle der Bestände auf Krautfäule besonders wichtig, damit ein lückenloser Schutz gewährleistet werden kann.


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Stand: 20.07.2023