Die anhaltende Trockenheit in vielen Regionen Deutschlands sowie die beiden Hitzewellen im Juni und in der dritten Juli-Woche haben vielen Landwirte Sorgenfalten auf die Stirn geschrieben. In vielen Regionen reift das Getreide vorzeitig ab. Hegten viele Betriebsleiter noch im Juni gute Ernteerwartungen, so haben sich die zuvor vielerorts guten Ernteerwartungen ins Negative gewandelt. Der Deutsche Bauernverband stellte in seinem ersten Erntebericht am 19. Juli fest, dass sich die Trockenschäden in vielen Regionen vor allem auf den Weizen konzentrieren.
Die Wintergerste ist dagegen laut DBV oft mit einem sprichwörtlichen ,,blauen Auge" davongekommen und liegt mit einem geschätzten Ertragsniveau von knapp 7,5 t/ha leicht über dem Vorjahr (7,2 t/ha) und deutlich über dem Mittelwert der letzten fünf Jahre (6,9 dt/ha), wobei der Fünf-Jahres-Vergleichszeitraum allerdings auch von drei trockenen Jahren in Folge geprägt war. Nach der ersten Einschätzung des DBV wurden in Deutschland in diesem Jahr etwa 9 Mio. t Wintergerste geerntet. Die Wintergerste habe einmal mehr ihre Stärke in der frühzeitigen Ertragsbildung vor der Sommerhitze ausgespielt. Bedingt durch die leicht rückläufige Wintergersten-Anbaufläche rechnet der Deutsche Raiffeisenverband mit einer in der Summe von minus 0,5 Prozent ebenfalls leicht rückläufigen Erntemenge von 8,8 Mio. t.
Hitzephase im Juni mit deutlichen Folgen für Weizenbestände
Für den Weizen hingegen haben die heißen Tage im Juni dagegen wohl deutliche Folgen gehabt. Die anhaltende Trockenheit führt auf vielen Standorten zu einem früheren Erntebeginn. Dort, wo bereits gedroschen wurde, lassen bisher sowohl der Ertrag als auch die Qualität deutlich zu wünschen übrig, berichtet der Bauernverband. Auch der Deutsche Raiffeisenverband (DRV) rechnete in seiner Ernteschätzung am 14.7. abhängig vom Standort und der jeweiligen Wasserversorgung mit stark schwankenden Ergebnissen. Insgesamt geht der Verbandin seiner Schätzung Mitte Juli für die Weizenernte 2022 von einem gegenüber dem Vorjahr leicht höheren Durchschnittsertrag von 76,4 dt/ha (Vorjahr: 73,5 dt/ha) aus. Die Gesamtmenge könnte um knapp fünf Prozent auf 22,5 Mio. t steigen. Laut agrarheute.com rechnen aber mit Stand vom 18.7. viele Praktiker in den trockenen Regionen Deutschlands mit einer deutlich schlechteren Ernte. In Schleswig-Holstein war das Wetter dagegen meist durchwachsener, weshalb dort die Erwartungen oft besser als in weiten Gebieten Deutschlands sind.
Sommergetreide stellenweise katastrophal
Für die Sommerungen war die Trockenheit auf vielen Standorten dagegen beinahe katastrophal, beispielsweise in den Ackerbaugebieten in Franken. „Bei Sommergerste und Sommerweizen rechnen wir mit einem Minderertrag von 30 bis 50 Prozent“, berichtete laut dem Bayerischen Landwirtschaftlichen Wochenblatt Kreisobmann Michael Bienlein beim Erntepressegespräch des BBV-Kreisverbandes Lichtenfels. Für die Wintergerste hingegen prognostizierte er für seine Region eine durchschnittliche Ernte. Mais und Zuckerrüben hätten noch eine Chance, wenn bald Regen falle.
Rapsernte bisher meist zufriedenstellend
Etwas besser sieht die Situation beim Raps aus. Die Bestände sind meist einigermaßen gut durch die zurückliegenden Monate gekommen. Die bisher gemeldeten Erträge bewegen sich auf einem zufriedenstellenden Niveau, in Schleswig-Holstein sogar auf einem guten Niveau. Der Deutsche Raiffeisenverband (DRV) rechnete mit Stand vom 14.7. mit einer Rapserntemenge von 3,8 Mio. t. Die Ernte würde damit rund acht Prozent über der Vorjahresmenge liegen.
Hitzewelle kritisch Körnermais und Soja in Baden
Für Körnermais und Soja könnte die Hitzewelle in der zweiten Juli-Hälft vor allem in den höher gelegenen Regionen Südbadens dramatische Auswirkungen haben, befürchtet der Badische Landwirtschaftliche Hauptverband: „Dort könnten die Erträge noch erheblich einbrechen“, befürchtet BLHV-Präsident Bolkart. Besonders angespannt sei die Situation beim Körnermais „Mitte Juli beginnt die Maisblüte, und sind dann die Temperaturen zu hoch, können keine Kolben gebildet werden. Sollte die Hitze also weiter anhalten, ist auch beim Mais mit hohen Verlusten zu rechnen. Aber auch Soja und das Grünland brauchen für einen stabilen Ertrag jetzt dringend Regen.“ Gut weggekommen seien zuvor die Ackerbaubetriebe in der Rheinebene. Sie ernteten beim Winterweizen im Schnitt sieben Tonnen je Hektar, was etwa dem Vorjahresniveau entspricht.
Rindviehhalter in Sorge um die ausreichende Futterversorgung
Außer in den Küstenregionen, dem Elbe-Weser-Raum und dem westlichen Teil Schleswig-Holsteins wachsen bei den Milchviehhaltern die Sorgen hinsichtlich einer ausreichenden Futterversorgung vom Grünland und durch Silomais. Nach der Trockenheit der zurückliegenden Wochen war der zweite Grünlandschnitt oft nicht zufriedenstellend, der dritte Grünlandschnitt steht in vielen Regionen schon in Frage. Der Mais leidet ebenfalls zunehmend unter den hohen Temperaturen. Die Hitzerekorde in der dritten Juli-Woche verschärfen die Situation weiter. Ausreichende Niederschläge sind für eine ausreichende Gras- und Maisernte zwingend notwendig.