Die Durchforstung spielt in der Waldbewirtschaftung eine zentrale Rolle. Sie bringt dem einzelnen Baum mehr Licht, Wasser und Wurzelraum, erhöht die Stabilität des Bestandes und steigert das langfristige Wertpotenzial Ihres Waldes. Doch worauf kommt es bei der Durchforstung wirklich an?
In diesem Beitrag geben wir Ihnen fünf praxisorientierte Tipps, wie Sie durch gezielte Eingriffe Stabilität und Wertzuwachs in Ihrem Wald fördern können. Egal, ob Sie Neueinsteiger oder erfahrener Waldbesitzer sind – diese Zusammenfassung unterstützt Sie dabei, Ihren Wald optimal zu pflegen und für die Zukunft fit zu machen.
1. Zeitpunkt: Zu späte Durchforstung lässt sich nicht mehr korrigieren
Den Wald vor lauter Bäumen nicht zu sehen, trifft bei der Erstdurchforstung eines gepflanzten oder naturverjüngten Bestandes sprichwörtlich zu: Meist erwartet einen ein dunkles, dichtes Dickicht. Die eng stehenden Kronen blockieren das Licht und verhindern, dass ausreichend Wasser den Boden erreicht. Dadurch fehlt das nötige Licht, um das Wachstum der Bäume anzuregen. Auch unter der Erde tobt ein Wettbewerb: Die Wurzeln der Bäume konkurrieren um das verfügbare Wasser.
Besonders in Jahren mit anhaltender Trockenheit bietet dieser Konkurrenzdruck ideale Bedingungen für den Borkenkäfer, der instabile Bestände leicht und oft vollständig vernichtet. Deshalb ist der richtige Zeitpunkt für eine pflegende Durchforstung von entscheidender Bedeutung. Erfolgt sie zu spät, werden die Bäume instabil, und die Zuwächse bleiben durch verkürzte Kronen gering. Geschieht sie jedoch zu früh, entwickeln die Bäume eine unerwünschte Grobastigkeit.
Der ideale Zeitpunkt für die Erstdurchforstung liegt je nach Boden- und Baumart zwischen dem 15. und 25. Jahr. Zu diesem Zeitpunkt haben die Bäume in der Regel eine Höhe von 12 bis 15 Metern erreicht und einen Brusthöhendurchmesser von 15 bis 20 cm.
2. Zukunftsbäume auswählen
Heute ist die Auswahl und Förderung von sogenannten Z-Bäumen (Zukunftsbäumen) ein fester Bestandteil der modernen Waldbewirtschaftung, mit dem Ziel, sowohl die Widerstandsfähigkeit des Waldes zu steigern als auch hohe wirtschaftliche Erträge zu sichern. Aber was genau ist ein Z-Baum? Es handelt sich um Bäume, die nach 60 bis 100 Jahren den Endbestand eines Waldes bilden werden. In diesem späten Alter sind dann nur noch die Z-Bäume im Bestand, während alle anderen Bäume über die Jahre hinweg in regelmäßigen Durchforstungen entnommen wurden.
Das Ziel besteht darin, bereits bei den Durchforstungen die wertvollsten Bäume als Z-Bäume zu kennzeichnen und gezielt zu fördern, damit sie am Ende der Umtriebszeit den entscheidenden finanziellen Ertrag bringen. Schon bei der Erstdurchforstung lässt sich erkennen, welche Bäume den Anforderungen eines optimalen Z-Baums entsprechen. Die Auswahl erfolgt anhand folgender Kriterien, die miteinander abgewogen werden:
- Stabilität: Die dicksten und massivsten Stämme werden bevorzugt, da sie sich durchgesetzt haben und vielversprechendes, schnelles Wachstum bieten.
- Qualität: Der Baum sollte gerade und feinastig sein, da diese Eigenschaften in einigen Jahrzehnten finanziell von Bedeutung sein werden.
- Vitalität: Der Baum muss eine kräftige, vitale Krone besitzen und nach Möglichkeit frei von Rindenverletzungen sein.
Der optimale Abstand der Z-Bäume beträgt im Nadelwald etwa 5-8 m und im Laubwald etwa 10-15 m, weil die Kronen der Laubbäume erheblich mehr Raum einnehmen und einen größeren Lichtbedarf haben.
Abbildung: Ein leicht zu erkennender Z-Baum: eine vorwüchsige, gerade, vitale und massive Douglasie neben kleineren Fichten. Beide Baumarten sind im Foto 25 Jahre alt. Die Douglasie wurde als Zukunftsbaum ausgewählt und wertgeastet. Alle anderen umliegenden Fichten werden in den nächsten 50 Jahren entnommen und die Douglasie als Wertholz geerntet.
3. Bedränger entfernen
Die umliegenden Nachbarbäume um den Z-Baum sind entscheidend für dessen Entwicklung, da sie sein Wachstum einschränken. Bei der Erstdurchforstung werden in der Regel 1 bis 2 konkurrierende Bäume (Bedränger) entfernt, um dem Z-Baum mehr Raum zum Wachsen zu geben. Anschließend wird alle fünf Jahre eine weitere Durchforstung durchgeführt, bei der erneut die Bäume entfernt werden, die mit ihren Ästen die Krone des Z-Baums berühren oder zu stark beschatten.
Es ist wichtig, darauf zu achten, dass nicht zu viele Bedränger auf einmal entfernt werden. Eine zu schnelle Freistellung könnte den Z-Baum ungeschützt dem Wind aussetzen, was das Risiko von Windbruch erhöht. Der beschriebene regelmäßige Rhythmus der Durchforstung hilft, dieses Risiko zu minimieren, indem der Z-Baum langsam und schrittweise mehr Platz erhält.
Es ist jedoch zu betonen, dass eine korrekt durchgeführte Einzelbaumförderung in der Regel ein geringeres Windwurfrisiko birgt als eine flächige Durchforstung. Dies liegt daran, dass die Z-Bäume durch gezielte Einzelentnahmen langfristig stabiler werden. Sie verankern sich besser im Boden durch ein verbessertes Wurzelwerk und erhöhen ihren Durchmesser.
4. Rückegassen anlegen
Rückegassen sind ein unverzichtbares Element der modernen Forstwirtschaft. Sie optimieren die Holzernte und sorgen für Effizienz in den kommenden Jahrzehnten. Eine durchdachte Planung und Anlage dieser Gassen legt den Grundstein für eine wirtschaftliche und Waldbewirtschaftung. Ohne diese Feinerschließung entstehen längere Wege vom Baumstamm zur Maschine, was langfristig hohe Arbeitskosten verursacht.
- Abstand: Die Gassen sollten je nach Flurstücksverlauf und eingesetzter Technik in Abständen von 20 bis 40 Metern angelegt werden. In der Praxis haben sich durchschnittlich 25 Meter als ideal erwiesen.
- Ausrichtung: Richten Sie die Gassen immer in Falllinie des Hanges aus, um das Risiko von Unfällen mit Maschinen im Seitenhang zu minimieren. Eine einfache Faustregel lautet: "Rückegassen folgen dem Lauf des Wassers."
- Breite: Für einen unkomplizierten und effizienten Einsatz von Harvestern und großen Rückegespannen empfiehlt sich eine Rückegassenbreite von 5 Metern. Da Bäume am Wurzelstock im Laufe der Umtriebszeit wachsen, verringert sich dieser Abstand allmählich auf etwa 4 Meter.
Abbildung: Hier ist eine circa 4,50 m breite Rückegasse in einem 30 Jahre alten Fichtenbestand zu sehen. Der Bestand ist sehr dicht und dunkel. Es ist überfällig hier Bäume zu entnehmen und den vitalsten Stämmen mehr Raum zu bieten.
5. Unterschätzte Messung: Das H/D-Verhältnis
Viele Waldbauern unterschätzen bei der Durchforstung die Bedeutung des H/D-Verhältnisses. Diese Kennzahl ist jedoch ein wichtiger Indikator für die Stabilität und das Wachstum eines Baumes. Das H/D-Verhältnis beschreibt das Verhältnis der Höhe eines Baumes zum Durchmesser des Stammes in Brusthöhe (1,30 m). Ein zu hohes H/D-Verhältnis, bei dem die Höhe im Vergleich zum Durchmesser übermäßig groß ist, zeigt einen instabilen Baum, der anfälliger für Windwurf und andere äußere Einflüsse ist. Es handelt sich in diesem Fall um lange, dünne Stangen mit einem geringen Kronenanteil.
Der H/D-Wert berechnet sich durch die Baumhöhe in cm dividiert durch den Brusthöhendurchmesser in cm. Beispielsweise 1500 cm / 20 cm ergibt einen H/D-Wert von 75. Der Wert sollte bei den Z-Bäumen zwischen 70 und 80 liegen. Zwischen 80 und 90 ist ebenfalls noch akzeptabel. Werte von über 90 sind extrem lang und dünn und entsprechend instabil. Werte unter 70 haben häufig nur Randbäume und das sind Bäume, die zu viel Platz im Aufwuchs hatten und entsprechend eine zu massive Grobastigkeit haben. Gemessen wird der Wert zum Beispiel an gefällten Bedrängern mit dem Forstmaßband. Von Ihnen kann auf den Wert des Z-Baums geschlossen werden.